BRK bei der Hochwasserkatastrophe in Schwaben, Präsidentin und Landrat danken den Helfern
Bad Neustadt (hf). Im Rahmen der offiziellen Vorstellung des neuen Rettungs- und Katastrophenschutzzentrums hat BRK Präsidentin Angelika Schorer gemeinsam mit Landrat Thomas Habermann dem Helferteam des BRK Kreisverbandes beim Hochwassereinsatz in Schwaben gedankt.
Vier Ehrenamtliche waren im Rahmen des Unterfränkischen Hilfskontigents im Bereich Günzburg im Hochwassergebiet im Einsatz. Seit einigen Tagen sind sie wieder zurück. Wie haben sie den Einsatz erlebt und was hat sie besonders beeindruckt?
Pastrick Schelenz gefragt nach seinem Aufgabengebiet sagt:
Antwort: Ich war bei dem Einsatz zusammen mit Florian Söder und Thomas Klett auf dem Argo eingeteilt. Bei der Anreise habe ich Patrick Koob als Fahrer auf dem Kommandowagen unterstützt. Auf den Einsatz waren wir natürlich nicht vorbereitet, entsprechend war die Nacht anstrengend für uns alle. Umso wichtiger war es uns beim Fahren abzuwechseln.
Frage: Mit welchem Gefühl fährt man da los, man weiß ja nicht was auf einem zukommt
Antwort: Mit gemischten Gefühlen, zum einen das positive Gefühl - Menschen helfen zu können, aber natürlich fährt man in ein Krisengebiet, das Gefahren mit sich bringt. Somit ist eine hohe Konzentration wichtig! Eigenschutz geht immer vor
Frage: Wie reagierte die Familie?
Antwort: Als ich angerufen wurde, saß ich gerade mit meiner Freundin beim Essen. Ich erklärte kurz was los ist und ich für voraussichtlich drei Tage nicht zuhause bin. Ihr danke ich für das Verständnis und meinem Arbeitgeber, der auch hier mir den „Rücken freigehalten hat und den Einsatz als gerechtfertigt sah. Natürlich verfolgt die Familie alles im Fernsehen und in den Medien was vor Ort passiert. Auch die Nachricht das ein Feuerwehrmann ums Leben gekommen ist, macht die Sache nicht einfacher. Ich versuchte immer wieder in der einsatzfreien Zeit meine Familie auf den laufenden zu halten, um mitzuteilen das es mir gut geht. Aber natürlich war die Freude umso großer, als ich wieder gesund zuhause war.
Frage: Was hat dich vor Ort besonders beeindruckt?
Antwort: Ich fand den Zusammenhalt in Günzburg beeindruckend. Das Betreuungskontigent Unterfranken, mit dem wir unterwegs waren, errichteten in Günzburg eine Notunterkunft. Es dauerte nicht lange und die ersten freiwilligen Helfer kamen. Es gab Sachspenden, Tiernahrung und viele halfen bei der Essensausgabe mit oder hatten ein offenes Ohr für Betroffene. Ein Schlüsselmoment für mich war es, als wir beim Erkunden durch ein evakuiertes Wohngebiet fuhren und man sich da einmal in die Lage der Betroffenen versetzte. Nachts mit Booten oder Hubschrauber gerettet zu werden und seine ganze Existenz steht auf dem Spiel. Ich hoffe diese Hilfsbereitschaft würde auch in unserem Landkreis bestehen, denn jeder kann seinen Beitrag dazu leisten.
Frage: Wie konntest Du persönlich helfen?
Antwort: Unsere Hauptaufgabe mit dem Amphibienfahrzeug Argo war es den Ort Offingen zu erkunden. Wir lieferten Bild und Videomaterial direkt an die Gesamteinsatzleitung. In der Notunterkunft aber auch am Einsatzort hatten wir immer ein offenes Ohr für die Menschen. Und auch das ist wichtig, damit sie das Erlebte verarbeiten können.
Frage: Auf dem Amphibienfahrzeug Argo war auch Florian Söder. Was hast Du persönlich aus diesem Einsatz mitgenommen?
Antwort: Man wird bei solchen Einsätzen mal wieder „Geerdet“. Es wird einem bewusst, dass man gegen die Naturgewalten, vor allem Wasser, völlig machtlos ist, wenn man auch meint der Mensch hätte die Natur gezähmt so kann man das nach so einem Einsatz auf jeden Fall dementieren. Ein besonderes Erlebnis war für mich persönlich als wir in Günzburg ankamen und plötzlich die Sirenen im Stadtgebiet mit dem auf- und abschwellenden Heulton gelaufen sind. Mit dem Wissen in einem Gebiet zu sein, wo grade eine Naturkatastrophe stattgefunden hat wird einem von jetzt auf gleich nochmal mehr der Ernst der Lage bewusst.
Frage: Wenn man dann zurückkommt? In die heile Welt? Was empfindet man
Antwort: Zuallererst mal Glück, dass man von der Katastrophe verschont geblieben ist, danach Befriedigung etwas Sinnvolles beigetragen zu haben und dann kommt allerdings auch ganz schnell wieder der Gedanke dass man eigentlich noch ein bisschen mehr hätte tun können.
Frage: Ebenfalls auf dem ARGO war Thomas Klett, er war der Verantwortliche und koordinierte die Vorbereitung
Antwort: Vor dem Einsatz macht man W-O-L-K-E für alle Fahrzeuge (Zugfahrzeug Ford Ranger, Anhänger und den Argo) also passt alles: Wasser, Öl, Licht, Kraftstoff, Elektrik. Weiterhin nimmt man außer der notwendigen PSA auch noch Klamotten für die angeforderten 72 Stunde Einsatzzeit mit.
Frage: Wie konnte der ARGO im Hochwassergebiet eingesetzt werden? Wo wart ihr unterwegs?
Antwort: Da gab es zunächst eine persönliches Vorstellen bei der Kat.-Schutz Einsatzleitung am Landratsamt Günzburg. Nach einer Stunde fanden die Zuständigen einen auf unser Fahrzeug zugeschnittenen Auftrag: Nämlich die Erkundung der Hochwasserlage im Ort Offingen an der über die Ufer getretenen Mindel. Dank der beim Argo möglichen Tiefwatfähigkeit konnten wir diesen Auftrag problemlos abarbeiten. Wir mussten unter anderem gut 40 Zentimeter überschwemmte Straßen durchfahren.
Frage: War das Amphibienfahrzeug sehr oft im Einsatz? Gabs heikle Situationen?
Antwort: Nachdem Erkunden der Hochwasserstände um den Ort war unser zweiter Auftrag das Aufspüren eines wegen des Hochwassers verlassenen RTW‘s. Die Aufgabe konnten wir nach Abgleich mit Drohnenaufnahmen in Angriff nehmen und mit Hilfe von Kameraden der Bundeswehr und der Johanniter Unfallhilfe in ihren tiefstwatfähigen Unimogs bewältigen. Da stand das Wasser zeitweise gut eine Handbreit unter Scheibe in der Fahrertür.
Frage: Wie ist es für dich selbst, wenn du in solchen Katstrophengebieten unterwegs bist und die Not der Menschen sieht, die Hilfe brauchen?
Antwort: Es ist wahrhaft erschreckend, wie klein doch der Mensch gegenüber Naturgewalten ist.
Es ist selbstverständlich, mich im Rahmen meiner gegebenen Möglichkeiten zu solch einem Einsatz zu melden. Wenn ich Betroffener wäre, würde ich mich auch freuen, wenn sich wildfremde Menschen in der Nacht rund 300 Kilometer entfernt, aufmachen um mir in der Not beizustehen. Da entscheiden nur wenige Zentimeter, ob man alles behält oder alles verliert.
Frage: Einen ganzen Tag auf dem ARGO in unwegsamen Gelände – ich kann mir vorstellen, dass man da ganz schön durchgerüttelt wird und am Abend erstmal fertig ist
Antwort: Während des Tages nimmt man das Gerüttel gar nicht richtig wahr. Die Schläge von unten werden ungebremst nach oben zur Wirbelsäule weitergeleitet. Das merkt man aber erst am nächsten Tag. Wir wechseln uns aber beim Fahren ab, um dies gleichmäßig zu verteilen.
Frage: Patrick Koob war Führungsassistent bei der Kontingent Führung von der Regierung von Unterfranken. Gab es ein besonderes Erlebnis?
Antwort: Die Umarmung, aus Dankbarkeit, einer jungen Familie die bei uns untergekommen ist.
Frage: Ihr wart ja für die Betreuung der Menschen zuständig?
Antwort: Wir haben Schlaf- und Aufenthaltsräume eingerichtet, das Essen zubereitet und uns unter anderem um Getränke, Medikamente gekümmert. Wir haben versucht den persönlichen Bedürfnissen eines jeden Einzelnen gerecht zu werden.
Frage: Bleibt da noch Zeit den Kontakt mit zu Hause zu halten und sich zu melden oder vom Einsatz zu berichten?
Antwort: Die Zeit Zuhause anzurufen muss man sich nehmen. Natürlich macht die Familie sich auch Sorgen und da ist es wichtig den Kontakt zu halten. Auch wenn er lange nicht so ausgeprägt ist wie wenn man Zuhause ist.
Frage: Von jetzt auch nachher in solch einen Einsatz fahren. Was nimmt man mit?
Antwort: Es blieb tatsächlich wenig Zeit für die Vorbereitung. Ich bin aus der regulären Nachtschicht rausgelöst worden um 60 Minuten später Richtung Dettelbach zu fahren. Eine Stunde für umziehen, Tasche packen und verabschieden ist schon sportlich. Mitgenommen habe ich meine Einsatzkleidung, Schlafsachen, zivile Kleidung und persönliche Sachen für die Körperpflege.
Frage: Wie siehst Du im Nachhinein diese Hilfsaktion?
Antwort: Der Einsatz war für uns eigentlich eine Selbstverständlichkeit, war es doch für die Betroffenen die Hilfe in der Not. Man hat viele Menschen getroffen, die von jetzt auf nachher nichts mehr hatten. Ich möchte unserer Kontingent-Führerin Michaela Dürr danken, dass sie uns gut durch den Einsatz gebracht hat und meinem Mann, der immer Verständnis hat, wenn ich mal über Nacht weg muss und wie in dem Fall einige Tage weg bleibe.