Der Einsatzleiter Rettungsdienst in der Verantwotung
Bad Neustadt (hf). Haupt- und Ehrenamt sind beim Bayerischen Roten Kreuz untrennbar miteinander verbunden. Etwas, das in der Bevölkerung kaum wahrgenommen wird sagen Elias Holzheimer und Mario Hahn, beides hauptberufliche Notfallsanitäter und ehrenamtliche Einsatzleiter Rettungsdienst. So kann es durchaus vorkommen, dass ein Notfallsanitäter, welcher Tagdienst hatte, an einem eigentlich frei geplanten Wochenende die Abend- und Nachtstunden beim Sanitätsdienst einer Beachparty verbringt, bei einem größeren Fußballspiel ehrenamtlich mit dem Rettungswagen angefordert ist oder den Einsatzführungsdienst übernimmt, wenn er der Einsatzleitergruppe angehört. „Da muss die Familie oftmals zurückstecken“, sagt Mario Hahn. Man kann sich nichts vornehmen, „denn wenn du gerade beim Essen in einem Restaurant sitzt und der Piepser geht, bleibt alles liegen“, fügt Elias Holzheimer an. Kurz gesagt: Einsatzführungsdienst: Zwischen Notfällen und Familie.
Es gibt 10 Einsatzleiter, welche diesen Dienst, wie man so schön sagt, „mit Leib und Seele“ ausüben. Was allerdings am 6. Oktober dieses Jahres geschah, das hatte Elias Holzheimer bisher noch nicht erlebt. Von morgens um 10 Uhr bis zum späten Abend war er als diensthabender Einsatzleiter im Einsatz. Begonnen hatte alles mit dem schweren Verkehrsunfall bei Oberweißenbrunn, dem wenige Stunden später ein Unfall bei Unterwaldbehrungen folgte, dann ein Lkw Unfall auf der Autobahn A 71 und schließlich gegen 19 Uhr ein Motorradunfall mit zwei Schwerverletzten zwischen Wülfershausen und Waltershausen. An drei dieser Einsätze war derselbe Einsatzleiter Rettungsdienst beteiligt. Lediglich den Unfall auf der A 71 hatte ein Kollege übernommen, da dieser zeitgleich mit dem, in Unterwaldbehrungen zusammenfiel.
Für den Einsatzleiter bedeutete dies, sich kurzfristig auf die jeweils neue Situation einzustellen. Er steht dabei in engem Kontakt mit der Integrierten Leitstelle Schweinfurt und fungiert als eine Art Koordinierungsstelle vor Ort. Wesentliche Aufgaben sind hierbei, die Informationsgewinnung über Schwere und Art der Verletzungen, Klinikabklärungen oder das Anfordern weiterer Einsatzmittel wie Rettungswagen, Notärzte oder Rettungshubschrauber. „Der mit der gelben Weste und der Aufschrift ‚Einsatzleiter Rettungsdienst‘ ist derjenige, der im Bereich Rettungsdienst für jeden Ansprechpartner ist und nach Rücksprache mit den Behandlungsteams die Entscheidungen trifft“ sagt Elias Holzheimer. Er ist seit mehreren Jahren Einsatzleiter im Rettungsdienst und weiß wovon er spricht, wenn er die Verantwortung nennt, die richtigen Entscheidung zu treffen. Hierfür sind sowohl im medizinischen als auch im taktischen Bereich Ausbildungen erforderlich. So ist eine der Voraussetzung, die dreijährige Berufsausbildung zum Notfallsanitäter in Verbindung mit einer mindestens fünfjährigen Einsatzerfahrung. Hinzu kommen ein Lehrgang an der staatlichen Feuerwehrschule und weitere Fortbildungen.
Wissen sollte man dazu, dass Sanitätsdienste und Katastrophenschutzeinsätze immer freiwillig und ehrenamtlich erbracht werden, obwohl die Eingesetzten oftmals hauptamtlich im Rettungsdienst arbeiten. Warum von den Einsatzleitern Rettungsdienst immer nur einer für den gesamten Landkreis im Dienst ist, wird damit erklärt, dass dieser als Koordinator lediglich bei größeren Einsätzen erforderlich ist. Die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sind bei den allermeisten Notfällen, selbst in der Lage die medizinische Versorgung von Patienten und die Organisation des Einsatzes zu übernehmen. Elias Holzheimer betont: „Es sind hochqualifizierte, geschulte und ausgebildete Einsatzkräfte.“ Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Zusammenarbeit mit weiteren Rettungskräften von Polizei und Feuerwehr. Hier gibt es einen eigenen Einsatzleiter. Der wiederum eng mit dem Einsatzleiter Rettungsdienst zusammen arbeitet.
Rettungs- und Notfallsanitäter sind oftmals hauptamtlich und bringen ihre gute Ausbildung und Kompetenzen dann im ehrenamtlichen Bereich des Roten Kreuzes ein. So bei Sanitätsabsicherungen, Fußballgroßveranstaltungen oder auch im Katastrophenschutz. Wichtig sei zu wissen, dass die Anforderungen an die Einsatzkräfte vermehrt steigen. Aktuell nennt Holzheimer die Suchaktion vor wenigen Tagen in Eichenhausen. „Da gehen dann schon mal eine ganze Nacht und manchmal auch die kommenden Tage drauf.“ Während Rettungskräfte, die zum Beispiel am nächsten Tag Dienst haben, aus dem Einsatz herausgelöst werden, ist das beim Einsatzleiter Rettungsdienst oft nicht möglich. Noch einmal kommt man auf die Unfallserie zu sprechen und nennt das „Umdenken“ bei jedem neuen Einsatz. „Das ist dann jedes Mal ein neues Schadensbild auf das man sich einstellen muss“: Sieben Verletzte in Oberweißenbrunn, vier davon lebensgefährlich. In Wülfershausen waren es zwei Patienten, wobei beide besonders schwer verletzt waren.
Um das alles zu stemmen, muss man alle Kräfte und deren Aufgaben an einem Unfallort kennen. Dafür gibt es entsprechende Praktika. So hospitiert der Einsatzleiter des Rettungsdienstes sowohl in der Leitstelle, bei der Polizei, in einer Klinik, als auch unter anderem bei der Feuerwehr, um hier die entsprechenden Einblicke für seinen künftigen Dienst zu bekommen. Wie aber verarbeitete man einen solch schweren Einsatz, wie Oberweißenbrunn oder Wülfershausen? Dafür gibt es monatliche Dienstbesprechungen, bei denen dies nachbearbeitet wird. Da geht es um das einsatztaktische Vorgehen ebenso, wie um Anregungen für die Zukunft, erläutert Mario Hahn. Bei allem sei eine gute Ausbildung erforderlich, um sich sicher zu fühlen, sich Klarheit über den Einsatz zu verschaffen und in erster Linie zu helfen, fügt Elias Holzheimer an. Notwendig sei für die persönliche Verarbeitung aber auch im Nachhinein zu wissen, welche schweren Einsätze stattfanden. „Nur so kann man aufkommende ‚Trigger‘ verarbeiten, unter anderem im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen und zwar ganz nüchtern und ohne emotional zu werden“.