Leitstelle Schweinfurt: Jährlich bis zu 200.000 Anrufe
Fünf Jahre werden es heuer, dass die Integrierte Leitstelle in Schweinfurt ihren Betrieb aufgenommen hat. Mittlerweile ist die ILS fester Bestandteil für Feuerwehr, Rettungsdienst und Technisches Hilfswerk. Immerhin gehen pro Jahr an die 200.000 Anrufe bei den Disponenten ein. Die "Kinderkrankheiten sind überwunden," sagt der Leiter Thomas Schlereth in einem Gespräch mit unserer Zeitung. Die Einarbeitungszeit hielt sich in Grenzen, denn die Mehrzahl der Disponenten kommt aus der Region und war in den Jahren zuvor in der Rettungsleitstelle für den Rettungsdienst in den Landkreisen Schweinfurt, Bad Kissingen, Haßberge, Rhön-Grabfeld und der Stadt Schweinfurt zuständig.
Spricht man Thomas Schlereth auf die Anfangstage vor fünf Jahren an nennt er die Einarbeitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die EDV oder auch die neuen Arbeitsabläufe. "Das aber ist mittlerweile Vergangenheit, wir sind ein eingespieltes Team."
Nachbesserungen bei der Alarmierungsplanung wird es im laufenden Betrieb einer Integrierten Leitstelle immer wieder geben. Dies gerade auch im Bereich der Feuerwehr mit den unterschiedlichsten Einsatzszenarien. Immer wieder kommt es auf den Melder und die Möglichkeit zur genauen Notrufabfrage an. Wenn, wie kürzlich ein Garagenbrand gemeldet wird, der sich als Mülltonnenbrand heraus stellt, kann das der Disponent in Schweinfurt nicht wissen. Er muss sich darauf verlassen, was ihm der Anrufer mitteilt und danach handelt er dann. Immerhin laufen bei der Integrierten Leitstelle in Schweinfurt täglich bis zu 550 An- und Notrufe auf, über 3.000 sind das in der Woche und im Jahr rund 200.000.
Wer einmal vor Ort war und unter anderem einen Trainingstag mit erlebt hat, der weiss, dass die Aufgaben für die Disponenten nicht immer einfach sind. Geht ein Notruf bei der ILS in Schweinfurt ein, können entsprechende Daten abgerufen werden und es wird ein so genanntes "Meldebild" erarbeitet. Thomas Schlereth: Problematisch sind Melder, die von einem Beteiligten beauftragt wurden, einen Notfall zu melden oder die aus der Ferne etwas zu beobachten glauben. Dazu gehört zum Beispiel Rauch in einem Waldstück oder auch Brand einer Ackerfläche. Oft stellen die Einsatzkräfte vor Ort dann fest, dass es sich um gemeldete Feuer handelt oder die Ackerfläche, wie im vergangenen Jahr bei Bad Königshofen nur eine große Staubwolke war. Solche Einsätze sind schwer zu verifizieren und schwierig ist dann auch die Erarbeitung eines Meldebildes.
Hilfe am Telefon? Die gibt es natürlich. Wenn zum Beispiel ein Anrufer meldet, dass es jemandem in der Familie nicht gut geht, er Schmerzen in der Brust hat, es ihm schlecht ist oder gar nicht mehr atmet dann kann der Disponent erste Hilfsmassnahmen am Telefon geben. "Seit über mehr als zwei Jahren führen wir Telefonreanimationen durch. Das heißt, dass bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand der Disponent dem Anrufer telefonische Anleitung zur Durchführung einer Wiederbelebung gibt." Die Verbindung bleibt dann so lange bestehen, bis der Notarzt oder das Rettungsteam vor Ort ist. Tipps gibt es zum Beispiel auch bei Unfällen. Wie soll der Patient gelagert werden, wie kann die Blutung gestillt werden.
Für Thomas Schlereth und sein Team sind dann die Rückmeldungen erfreulich, wenn Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand durch telefonische Anleitung zur Wiederbelebung und die Durchführung eines Angehörigen oder Passanten überleben.
Nicht ohne Stolz kann Thomas Schlereth aus Dankesbriefen an die Rettungsleitstelle zitieren. "Mein Vater hatte einen schweren Hinterwandinfarkt und konnte nach erster Hilfe und Anleitung durch das Rettungsteam reanimiert werden. Oder: Die Begleitung durch den Notruf 112 war unbeschreiblich gut, einfühlsam, klar und extremst hilfreich. Auch dafür mein aufrichtiger, tiefer Dank!!! Sie machen alle einen sensationellen "Job", haben uns in den extremsten Minuten unglaublich gut und sehr einfühlsam beigestanden, Ihnen allen ein Danke aus tiefsten Herzen." Wer glaubt, ein Disponent in der Leitstelle sei weit weg vom eigentlichen Geschehen und ihn berühre das nicht, irrt. Thomas Schlereth: In Wirklichkeit ist die Situation, "nur" am Funk oder Telefon und durch Dispositionsstrategien und "mit Worten" in einen Einsatz eingreifen zu können unter Umständen viel belastender, als die direkte Konfrontation vor Ort.
Immer wieder einmal war es im vergangenen Jahr und auch davor der Fall, dass Kinder anrufen und sich einen Spaß daraus machen. Für den Disponent eine schwierige Lage, denn er muss davon ausgehen, dass das was gemeldet ist, der Wahrheit entspricht. Oftmals, wie im vergangenen Jahr in Mellrichstadt, kam es zu einem Großeinsatz der Feuerwehr und des Rettungsdienstes. Thomas Schlereth: Es kann vorkommen, dass sowohl Feuerwehr und Rettungsdienst bei böswilligen Alarmen Anzeige erstatten und dann entsprechende Kosten auf die Verursacher zukommen.
Wenn Thomas Schlereth auf die eingehenden Notrufe in den vergangenen fünf Jahren blickt, fallen ihm einige Einsätze ein, die im Gedächtnis geblieben sind. Dazu gehören natürlich Sturmmeldungungen, Hochwasser oder auch kürzlich eine Bombendrohung in einem Einkaufscenter in Schweinfurt oder der Brückeneinsturz Schraudenbach. Grundsätzlich sind für eine Integrierte Leistelle Unwetterlagen herausfordernd, da in kurzer Zeit viele Notrufe eingehen. Dann heißt es auf die Schnelle die Einsatzzentrale zu verstärken, denn viele Feuerwehren und Rettungsdienste müssen zum Einsatz geschickt werden. Das Ganze muss natürlich koordiniert ablaufen, wozu vor allem die Detailkarten, die in der ILS auf den Bildschirmen angelegt sind, hilfreich sind. Wie allgemein üblich, gibt es auch bei der Integrierten Leitstelle selten ein Dankeschön durch die Anrufer, denen geholfen werden konnte. Thomas Schlereth: Für die Mitarbeiter würde ich es mir öfter wünschen, ist aber leider sehr selten."
Die Integrierte Rettungsleitstelle Schweinfurt ist natürlich rund um die Uhr besetzt mit mindestens drei, je nach Tageszeit auch bis zu sechs Disponenten. Es gibt Zwölf-Stunden Schichten mit jeweils drei Stunden Rufbereitschaft in einem Bereitschaftsraum mit Schlaf- und Ruhemöglichkeit, Dusche, Kochecke. Erfreulich: Die Nutzung der Notrufnummer 112 nimmt stetig zu. Durch landesweite Aktionen und unter anderem die 112 auf den Rettungswagen ist diese wichtige Nummer weithin bekannt. Eine große Hilfe ist auch ein Infostand der Integrierten Leitstelle Schweinfurt, der bis zu 15 Mal im Jahr unterwegs ist. In der Leistelle Schweinfurt arbeiten 32 Haupt- und 22 Nebenberufliche. Disponenten sind nicht einfache "Telefonisten" sondern verfügen über eine fachliche Qualifikation, eine rettungsdienstliche und feuerwehrtechnische Ausbildung. Sie müssen außerdem Führungserfahrung aufweisen. Der Leitstellendisponent der Zukunft ist ein technisch versierter, kommunikativer, belastbarer Manager von Ressourcen (innerbetrieblich, Einsatzmittel) mit fundierten medizinischen und feuerwehrtechnischen Kenntnissen.
Nicht umsonst ist gerade die Entwicklung eines Berufsbildes für Leitstellendisponenten ein hochaktuelles Thema.
Hanns Friedrich, Pressesprecher BRK Rhön-Grabfeld