Schnellere Hilfe mit Drohnen und künstlicher Intelligenz - Bundesweit einmaliges Projekt im Landkreis Rhön-Grabfeld
Bad Neustadt (hf). „Frontaler Zusammenstoß zweier Pkw mit verletzten und eingeklemmten Personen“. Bei solch einer Meldung, bei der keine näheren Informationen bekannt sind, werden neben deshalb dem Rettungsdienst, auch Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und Polizei alarmiert. In einigen Jahren könnte es aber so sein, dass bei dieser Meldung neben den genannten Einheiten zeitgleich eine Drohne automatisch von einem Rettungsdrohnenstützpunkt zum Notfallort geschickt wird. Aktuell wurde dies beim BRK Bad Neustadt aufgrund einiger Fallbeispiele getestet. Dabei werden visuelle Informationen der Drohne vom Unfallort in Echtzeit an die Leitstelle übermittelt noch bevor die Einsatzkräfte vor Ort sind. Für die Entwicklung des bundesweit einmaligen Projekts wurde das Bayerische Rote Kreuz in Bad Neustadt ausgewählt, da hier aller erforderlichen Einsatzmöglichkeiten an Fallbeispielen getestet werden können.
BRK Projektleiter Uwe Kippnich vom BRK Rhön-Grabfeld: „Noch ist es Zukunftsdenken, aber mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz und Anpassung der Prozesse könnte es in einigen Jahren umsetzbar sein.“ Wie das aussehen könnte, wurde bei ersten Tests in Heustreu am Gelände der Firma Katzenberger unter wissenschaftlicher Begleitung von Anderson de Lima Luiz erprobt. Er erläutert dazu, dass die Drohne über die Unfallstelle fliegt und Luft- aber auch Nahaufnahmen anfertigt. Diese werden automatisiert sofort ausgewertet und können eine Abschätzung über die Situation der Einsatzstelle an die Leitstelle schicken. Das Projekt nennt sich AMICA und steht für Air Mobility for Intelligent Crash Assessment. Es handelt sich um eine technisches Machbarkeitsstudie, die vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert wird.
Ziel der ist die Planung der Integration und Koordination von Drohnen in die Rettungskette. Die Koordination des Projektes liegt bei der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) unter der Leitung von Professor Alessandro Zimmer in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Roten Kreuz und hier dem Projektleiter Uwe Kippnich. Das BRK ist bundesweit aktuell der einzige Anwender, der solche spezielle Szenarien unter Einsatz künstlicher Intelligenz im Rahmen einer Machbarkeitsstudie erprobt. Uwe Kippnich wählte den Landkreis Rhön-Grabfeld aus, da hier gut Voraussetzungen für die Test vorhanden sind. Die gewonnen wissenschaftlichen Ergebnisse der durchgeführten Versuche bilden die Basis für ein mögliches, anschließendes „Folgeprojekt“.
Für verschiedene Unfallszenarien wurde die Zufahrt zur Firma Katzenberger so gestaltete, dass sie eine Straße mit den durch einen Mittelstreifen abgegrenzten Fahrbereich zeigte. Dazu wurden zusätzlich sogenannte Referenzstreifen aufgeklebt. Codes für die Drohne und die Bilderstellung, damit später ein 3-D-Modell erstellt werden kann. Die vor Ort erstellten Drohnenaufnahmen wurden mit den echten Daten im Labor in einem simulierten Modell eingespielt. Neben dem Team der BRK Sicherheitsforschung war auch der Testleiter Anderson De Lima Luiz mit einer Kollegin von der THI aus Ingolstadt vor Ort in Rhön-Grabfeld. Bei dieser ersten Unfallaufnahme per Drohne spielen die neuen Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) eine zentrale Rolle. Die Drohne erkennt anhand der Aufnahmen wie schwer der Unfall ist, wie viele Beteiligte es sind und natürlich den korrekten Ort der Einsatzstelle. Aufgrund der Deformierung an den Fahrzeugen erkennt das System auch die Schwere des Unfalls und der Verletzten.
Dies alles ermöglicht eine schneller Lagebeurteilung wie bisher, was letztendlich mehr Menschenleben retten könnte. Dazu allerdings muss die Drohne erst die erforderlichen Informationen erhalten. Das geschieht durch eine simulierte Unfalldarstellung. Dabei geht es um alltägliche Unfallszenarien, sagt Uwe Kippnich, Koordinator der Sicherheitsforschung im Bayerischen Roten Kreuz. Es handelt sich dabei also um von der Drohne bereits gesammelte Daten, auf die sie ihre Erkenntnisse zum Unfallort stützt. „Die Drohne kommt zu einem Unfall, erinnert sich an eine ähnliche Situation und analysiert die Situation.“ Mit dem Gelände der Firma Katzenberger habe man exzellente Trainingsbedingungen bekommen, lobten die Verantwortlichen.
BRK Kreisgeschäftsführer Ralf Baumeister dankte Uwe Kippnich, der wieder einmal das Bayerische Rote Kreuz in den Mittelpunkt einer neuen Studie gestellt hat. Er erinnerte an Gemeinsamkeiten mit dem Rhönklinikum, unter anderem „Stroke Angel“, ein Projekt, das heute bundesweit im Einsatz ist und in Bad Neustadt entwickelt wurde. Uwe Kippnich verwies auch auf die Integrierte Leitstelle des BRK in Schweinfurt, die durch diese neue Technik eines Tages schneller als bisher die erforderlichen Daten bekommt und demzufolge auch die notwendigen Kräfte alarmieren kann. In etwa zehn Jahren könnte solch ein Drohneneinsatz dann Wirklichkeit werden.