Von Hosentaschenanrufen und Fichtenmopeds
Von der Integriertenn Leitstelle in Schweinfurt, hatten vielleicht schon einige gehört, aber dort einmal vorbei schauen, das war schon etwas Besonderes. Die Möglichkeit gab es beim Ferienprogramm der Wasserwacht Wülfershausen. Wie stark das Interesse war, zeigte dann die große Gruppe Wülfershäuser und Eichenhäuser Jugendlicher. Markus Pfister, Michael Hellmuth, Nico Büttner, Ronja Büttner und Mara Sterzinger waren als Betreuer mit dabei und auch für sie war das eine oder andere beim Vortrag über die Aufgaben der Integrierten Leitstelle (ILS) noch nicht bekannt. "Mir hat es jedenfalls sehr gut gefallen... ich hatte nicht gedacht, dass es so viele Feuerwehrautos bei uns gibt... jetzt weiss ich auch was Hosentascheanrufe sind und was ein Fichtenmoped ist."
Den Kindern und Jugendlichen hat es sichtlich Spass gemacht, vor allem als sie in den großen Arbeitsbereich kamen, in dem die sogenannten Disponenten die Anrufe entgegen nehmen und die Einsätze koordinieren. Jürgen Stepan, einer dieser Disponenten, gab zunächst einen Einblick in das Arbeitspensum der ILS Schweinfurt. Von ihm erfuhren die Ferienprogramm Teilnehmer, dass es zahlreiche Rettungsdienste gibt. Sie selbst kannten das Technische Hilfswerk, das Rote Kreuz und die Malteser mit ihren Rettungswagen und natürlich die Feuerwehr, die Wasser- und Bergwacht sowie die Hundestaffel. Kaum bekannt waren Notfallseelsorger, der Psychosoziale Notfalldienst (PSNV) oder die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB). Die Integrierte Leitstelle (ILS) Schweinfurt ist für die Landkreise Bad Kissingen, Schweinfurt-Land und Schweinfurt-Stadt und Rhön-Grabfeld zuständig. In Bayern gibt es insgesamt 26 Integrierte Leitstellen. Schweinfurt ist übrigens mit einer Fläche von knapp 4.000 Quadratkilometer die Drittgrößte davon und betreut 434.192 Einwohner.
Wie viele Rettungswagen mag es wohl im Bereich der ILS Schweinfurt geben? An die 70 sind es, hinzu kommen dann aber 249 sogenannte Schnelleinsatzgruppen (SEG) und 1.253 Feuerwehren. Die Gesamteinsätze beim Rettungsdienst lagen im Jahr 2016 bei 89.160, bei den Feuerwehren bei 3.645. Rettungswachen sind in Bad Neustadt, Bad Königshofen, Mellrichstadt und Bischofsheim. Hinzu kommt der Stellplatz in Langenleiten und der Abrufplatz in Rödelmaier. Die Frage was denn ein Schwerlastrettungsfahrzeug ist, konnten die Kinder nicht beantworten. Sie erfuhren, dass dieses für schwergewichtige Patienten eingesetzt wird. In der Rettungsleitstelle Schweinfurt gehen pro Jahr über 200.000 Anrufe ein, 550 pro Tag. Immer wieder gibt es auch sogenannte "Hosentaschenanrufe". "Das sind Anrufe, bei denen die Notrufnummer 112 ungewollt gewählt wird und geschieht meist, wenn das Handy in der Hosentasche ist," erklärte Jürgen Stepan den Kindern. Schmunzelnd fügt Thomas Schlereth, Leiter der ILS Schweinfurt an: "Das geschieht oft in der Zeit zwischen 7.15 und 7.45 Uhr und nach 13 Uhr, also dann wenn Kinder zur Schule gehen und ihr Handy in der Tasche tragen."
Was mag wohl ein "Fichtenmoped" sein? Fragende Blicke bei den Kindern. Die Antwort: Das sind ebenfalls solche Hosentaschenanrufe. Dann allerdings hört man die Motorsäge, also sind das ebenfalls ungewollte Anrufe von Waldarbeitern. Die breite Aufgabenpalette der ILS Schweinfurt erfuhren die Kinder und auch, dass 32 Mitarbeiter in der Leistelle sind, dass es 33 Server gibt, die nicht am Internet angeschlossen sind. Der Grund: Virengefahr. Bei einem Stromausfall gibt es Akkus, die dafür sorgen, dass die Computer nicht ausfallen. Nicht schlecht staunten die Kinder, als sie die erfuhren, dass fünf Kilometer Kabelleitungen in der ILS Schweinfurt verlegt sind. "Das ist ja die Strecke von Wülfershausen bis Großeibstadt," meinten einige. Wie können sich eigentlich Gehörlose oder taubstumme Menschen im Erstfall bemerkbar machen? Auch hier hat die Leitstelle eine Besonderheit. Jürgen Stepan: Die können uns ein so genanntes Notruf-Fax schicken. Auch das hatte bislang kaum einer gewußt.
Dann aber durften die Ferienkinder in die "heiligen Räume" der Leitstelle. Da hieß es sich ruhig zu verhalten, weil die Disponenten Anrufe entgegennahmen oder Auskunft gaben. Was geschieht, wenn ein Notruf eingeht, erfuhren die Kinder und auch, dass es für die Mitteilung an die Rettungsdienste 569 Schlagworte im Computer gibt. So unter anderem "Ölspur ausgedehnt", oder "Brand Kleinbrand im Freien" und "VU mit PKW Mehrere eingeklemmte Personen." Wenn die entsprechenden Daten eingegeben sind, ermittelt der Computer selbständig welche Einsatzfahrzeuge, zum Beispiel bei der Feuerwehr, ausrücken müssen und auch oftmals die Anzahl der Rettungswagen, Unfällen mit mehreren Verletzten. Wichtig für die Disponenten der ILS sind deshalb konkrete Angaben, vor allem zum Standort. Wenn es der Anrufer genehmigt, dann darf die Leitstelle eine Handyortung vornehmen und damit den Einsatzort konkret bestimmen. Interessante Ausführungen, für die sich die Kinder und Betreuer beim Disponent Jürgen Stepan und dem Leiter der Leitstelle, Thomas Schlereth, herzlich bedankten. "Wir haben einiges dazu gelernt... es war sehr informativ... wir passen auch auf unsere Handys auf, dass sie nicht ungewollt die Notrufnummer wählen, meinten die Kinder beim Abschied.
Hanns Friedrich, Pressesprecher BRK Rhön-Grabfeld