Als das BRK Fahrzeuge am Marktplatz in Meiningen übergab
Mellrichstadt/Heustreu (hf). 30 Jahre sind es her, dass in der damaligen DDR die Unruhen aufkamen und sich schließlich sich am 9. November die Grenzen öffneten, am 10. November am Grenzübergang Eußenhausen-Henneberg. An diese turbulente Tage erinnert sich heute noch Adolf Saam aus Heustreu. Damals war er Kreisgeschäftsführer der BRK Rhön-Grabfeld und gemeinsam mit seinem Vorsitzenden, Landrat Dr. Fritz Steigerwald, "hautnah" dabei. "Am 10. November um 6.00 Uhr haben ich mich mit Dr. Steigerwald getroffen und dann sind wir zum Grenzübergang gefahren." Wenige DDR Bürger seien es zunächst gewesen, unter anderem das erste Fahrzeug mit jungen Leuten im "Blaumann". Die Grenzübergang und die eigentlich nur mal schauen wollten, ob die Grenze wirklich auf ist. Dann überschlugen sich die Ereignisse: Plötzlich kamen die Wartburg und Trabants aus allen Richtungen zum Grenzübergang Henneberg-Eußenhausen und fuhren Richtung Westen. Erster Anlaufpunkt war die Stadt Mellrichstadt, wo auf die Schnelle entsprechende Versorgungsstellen eingerichtet wurden. Mitte Januar startete das BRK Rhön-Grabfeld damals dann eine Fahrzeug-Spendenaktion.
Der damalige BRK Kreisgeschäftsführer Adolf Saam weiß, dass man einen Rettungswagen, einen Krankentransportwagen und einen VW-Bus auf dem Markplatz in Meiningen an das DRK Meiningen übergab. Helmut Schuchardt war damals der Leiter des DRK Meiningen und weiß von einer großen Veranstaltung, bei der sich auch die einzelnen Rot-Kreuz-Bereitschaften aus Rhön-Grabfeld präsentierten. Adolf Saam: Gleich nach der Grenzöffnung am 10. November gab Dr. Steigerwald den Auftrag an unser BRK Rhön-Grabfeld, sich in Meiningen mit dem dortigen Deutschen Roten Kreuz in Verbindung zu setzen. Im Umkreis wurden in den 1990er Jahren auch Alten- und Pflegestützpunkte eingerichtet, erinnert sich Adolf Saam im Gespräch mit dieser Zeitung und man klärte Rettungseinsätze ab. Schmunzelnd berichtet er, dass es gar nicht so einfach war mit dem Dienstwagen, die damals noch vorhandenen Grenzkontrollen zu bestehen. "Wir hatten ja noch die fest eingebauten Funkgeräte und das mussten wir erst den Grenzorganen verdeutlichen, dass man die nicht ausbauen kann."
Zum Tag selbst in Meiningen weiß der damalige Kreisgeschäftsführer, dass man eine Ausstellung mit verschiedenen Fahrzeugen hatte, auch die Kochgruppe des BRK Rhön-Grabfeld vor Ort war und die Verpflegung der Besucher übernommen hatte. "Es waren ganz verrückte und vor allem arbeitsintensive Wochen, die wir als BRK Rhön-Grabfeld gemeistert haben." Davon liest man auch in einem Bericht, den Harald Schellenberger aus Mellrichstadt für das Archiv des BRK Rhön-Grabfeld verfasst hatte. Danach hat alles schon am 7. November 1989 begonnen, als die Bundeswehr Mellrichstadt dem BRK mitteilte, dass am 8. November ab 8 Uhr etwa 200 DDR-Übersiedler von Schirnding in Mellrichstadt erwartet werden. Es kam zur Lagebesprechung mit der Bundeswehr und dem damaligen BRK Kreisgeschäftsführer Adolf Saam in Hainbergkaserne. 30 Einsatzkräfte des BRK standen zur Verfügung, die in der Turnhalle die Unterkünfte vorbereiteten. Örtliche Unternehmen stellten notwendige Elektrogeräte zur Verfügung. Aus dem BRK Zentrallager Ingolstadt wurden Babynahrung und Hygieneartikel abgeholt. Harald Schellenberger: Vorhandene Münzfernsprecher wurden auf kostenlosen Betrieb umgerüstet."
Nachdem keine DDR Bürger kamen wurde der Einsatz um 18 Uhr abgebrochen. Am Tag danach, dem 9. November trafen die ersten Übersiedler aus Schirnding ein und um 19 Uhr war die Aufnahmekapazität erreicht. Dann die Nachricht im Fernsehen: DDR öffnet die Grenzen ab sofort. "Das warf dann alles über den Haufen, wir mussten spontan reagieren." Gegen 6 Uhr morgens meldete die Rettungswache Mellrichstadt, dass viele DDR-Bürger über
den Grenzübergang Eußenhausen in den Rhön-Grabfeldkreis kommen. Um 7.30 Uhr Entwarnung, man war der Meinung, die DDR Bürger komme nur zu Besuch, womit keine Betreuung notwendig wird. Das änderte sich schlagartig, als die Autoschlangen sich vom Grenzübergang nach Mellrichstadt wälzten. Im VG-Keller in Mellrichstadt wurden belegte Brötchen verteilt, das BRK begann mit dem Ausschank von Tee, Kaffee und Fleischbrühe mit Unterstützung durch die Bundeswehr-Küche. Nach und nach wurden weiter Ausgabestellen eingerichtet, der Malteser Hilfsdienst mit einbezogen. Eine Wärmestube für Familien mit Kindern gabs im BRK Haus. Viele DDR-Bürger übernachteten nämlich bei niedrigen Temperaturen in ihren Autos, weil sie befürchten, dass die Grenze wieder geschlossen wird.
In den nächsten Tagen bildete sich dann Autoschlangen in Richtung Meiningen. Diese reichte von der Grenzübergangsstelle bis fast nach Bad Neustadt. Die Autos wurden von ihren Insassen meterweise voran geschoben, um Benzin zu sparen. Erst ab dem 22. Dezember kam eine "Entspannung" im BRK Heim Mellrichstadt. In der Auflistung von Harald Schellenberger sind 1548 Einsatzstunden der BRK-Mitglieder aufgelistet, 170 Übernachtungen im BRK-Heim, 250 in Privatquartieren. 14.000 Liter an Tee, Kaffee, Brühe Suppe wurden ausgegeben, 57 Kilogramm Zucker, 37.500 Plastikbecher und 1.000 Plastikteller. Am 6. Januar gab es eine „Dankeschön-Veranstaltung Meininger Bürger in der „Kreuzbergschenke für Helfer aus dem Rhön-Grabfeld-Kreis. Am 14. Januar eine Dankeschön-Veranstaltung des „Meininger Theaters“ mit „Evita“ anschließend Gespräche mit den Schauspielern. Es kam zu einem Treffen mit dem Roten Kreuz Meiningen, Straßenatlanten wurden an der B19 für DDR-Bürger in Eußenhausen ausgegeben.