Mit dem Telestroke geht die Angel-Erfolgsstory weiter
Wieder findet im Landkreis Rhön-Grabfeld ein Pilotprojekt im Bereich der Telemedizin statt. Diesmal geht es um eine Weiterentwicklung des bereits etablierten NIDA-Pads, einem "Notfall, Informations- und Dokumentationsassistenten". Es löst in neuer Generation künftig das bisherige NIDA-Pad ab, um das Projekt Telestroke-Ambulanz zu ermöglichen, sagt Sebastian Dresbach von der Geschäftsführung des Zentrums für Telemedizin in Bad Kissingen. Finanziell wird das Projekt über einen Fördertopf des Rhönklinikums Bad Neustadt unterstützt, fügt der Leitende Oberarzt der Neurologischen Klinik Dr. Hassan Soda an. Er erwähnt bei einem Pressegespräch in diesem Zusammenhang die Anfänge des Stroke Angel Projekts, das 2005 am Rhönklinikum Bad Neustadt gemeinsam mit dem BRK Rhön-Grabfeld entwickelt wurde. Notfallsanitäter Mario Hahn erinnert sich noch an die ersten Geräte, kaum größer als ein Handy. "Nicht zu vergleichen mit Pads, die wir heute auf den Rettungswagen haben."
"Die Erfolgstory geht eben weiter und nun in eine medizintechnische Weiterentwicklung," ergänzt Sebastian Dresbach. Mittlerweile wurden die Ergebnisse des Bad Neustädter Stroke-Angel Projekts in das Produkt NIDA aufgenommen und in 80 Kliniken deutschlandweit angewendet. Über 23.000 Patienten profitieren im Monat von diesem oft lebensrettenden System, das auf jedem Rettungswagen zu finden ist. Interesse zeigen aber auch bereits die Schweiz und Österreich. Erst im vergangenen Jahr wurde der leitende Oberarzt Dr. Hassan Soda deshalb zu einem Ärztekongress nach Wien eingeladen.
Das neue Telestroke-Ambulanz-Projekt wurde in den vergangenen zwei Jahren entwickelt und geht nun in Rhön-Grabfeld in die aktuelle Testphase. Eingesetzt wird es auf den Rettungswagen im Bereich Bad Neustadt und Bischofsheim, sagt Rettungsassistent André Beckenbauer. Besonders interessant dürfte der Bischofsheimer Raum sein, da es hier gelegentlich noch Probleme mit dem Handynetz gibt. Nachdem im neuen Pad aber zwei Netz-Karten sind, dürfte es keine Probleme geben. Wichtig war den Verantwortlichen am Rhönklinikum und im Telemedizinischen Zentrum die Zusammenarbeit mit dem BRK Rhön-Grabfeld. Konnten bisher nur auf dem Pad vorgegebene Daten in die Klinik übertragen werden, so ist das mit dem neuen NIDA-Pad ganz anders. Sebastian Dresbach: "Es gibt eine Videosequenz, die auf 30 bis 60 Sekunden limitiert ist, denn die Integration in einen Einsatzablauf spielt eine große Rolle bei der Übertragung."
Auch der Datenschutz ist sichergestellt. Kommuniziert wird über eine gesicherte Verbindung mit modernsten Verschlüsselungstechniken" erklärt Sebastian Dresbach. Der Rettungsassistent startet die Videoaufzeichnung und nimmt vorgegebene Fragen an den Patienten auf, bei dem ein Schlaganfall vermutet wird: "Wie geht es Ihnen? Wie heißen Sie? Bitte heben sie den linken dann den rechten Arm und schließlich die letzte Bitte: Schauen Sie bitte nach links und dann nach rechts." Die Antworten und Gesten geben Aufschluss über die Schwere des Schlaganfalls und damit können in der Klinik dann alle Vorbereitungen optimal getroffen werden, sagt Dr. Hassan Soda. "Bis der Patient eintrifft ist nicht nur der notwendige pflegerische, ärztliche sowie medizintechnische Bereitschaftsdienst vorbereitet, sondern durch die Filmsequenz kann auch entschieden werden, ob das Interventionsteam für die Katheterbehandlung vorinformiert werden soll.
Dr. Soda erwähnt in diesem Zusammenhang neben der weiterhin primär durchgeführten Lysetherapie, mit der die Auflösung eines Gerinnsels im Gehirn versucht wird, auch die Hirnkatheterbehandlung mittels der bei einem großen Gefäßverschluss, der sogenannte "Thrombus" herausgezogen werden kann. "Natürlich ist das Pad auf dem modernsten technischen Stand mit hervorragender Kamera und Bildauflösung, enthält zwei Akkus und ist stoßsicher. In der Klinik kommen die Videosequenzen nur auf den dafür frei geschalteten Computern an und können in der Neurologischen Klinik angesehen und bewertet werden. Dr. Hassan Soda: Selbstverständlich wird das Projekt medizinisch auch durch eine Studie begleitet und validiert. Die statistische Auswertung erfolgt durch das Institut für Epidemiologie der Universitätsklinik Würzburg.
Auf das neue System wurden die Rettungsassistenten beim letzten "Angel"-Workshop bereits geschult. Für Notfallsanitäter Mario Hahn hat das neue Pad einen weiteren enorm wichtigen Vorteil: Es kann überall mitgenommen werden. "Ob der Patienten in einem Waldstück, beim Wandern, zu Hause oder im Auto verunglückt ist, können wir vor Ort die Reaktionen testen, aufnehmen und an die Klinik senden." Dabei muß nicht mehr gewartet werden, bis der Beitrag als "gesendet" bestätigt wird, denn das Gerät versucht im Hintergrund bis zu zehnmal die Sequenz an die Klinik zu schicken. "Das hat den Vorteil, dass wir uns um den Patienten kümmern, ihn versorgen und schnellstens in die Klinik fahren können." Überlegungen von einst, in den Rettungswagen eine feste Kamera zu installieren, um von hier aus eine Liveübertragung in die jeweilige Kliniken zu ermöglichen, haben sich als derzeit nicht zielführend erwiesen, sagt der Leitenden Oberarzt Dr. Hassan Soda. In den nächsten vier Wochen geht nun das Telestroke Pad in die aktive Erprobungsphase im Rettungsdienst des BRK Rhön-Grabfeld, bevor es in weiteren Rettungswagen, so auch im Bad Kissinger Raum, zum Einsatz kommt.
Hanns Friedrich, Pressesprecher BRK Rhön-Grabfeld